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Ein Hoffaktor in der Glockengießergasse 3

Das herrschaftliche Bürgerhaus in der Glockengießergasse ist eines der größten in dieser Straße gewesen. Neuerbaut wurde es 1691 als ein „dreigädiges“, also mit Erdgeschoss und zwei Stockwerken. Bereits 1723 erwarb es der Schutzjude Joseph Samuel, der hier ein Ritualbad, eine Mikwe, einbauen ließ. Historisch interessant war einer der nachfolgenden Eigentümer Isaak Ben Nathan, (dt. Isaak Sohn des Nathan), der das Anwesen 1748 erwarb.

Er stand als vermögender Hoffaktor im Dienst des Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Als Vertrauensmänner der Fürsten genossen die Hoffaktoren zwar oft einen großen Einfluss, blieben aber stets Unternehmer mit vollem finanziellen Risiko. Sie waren die maßgeblichen finanz- und wirtschaftspolitischen Berater der Fürsten. Sie halfen ihnen bei der Durchsetzung ihrer macht- und wirtschaftspolitischen Interessen durch die Beschaffung von so manch kostspieligen, besonderen Gütern wie ausgefallene Stoffe für Kleidung, exotische Gewürze oder auch Jagdfalken, vor allem jedoch von Geldmitteln und Kriegsmaterial. Die jüdischen Kaufleute waren besonders dafür geeignet, weil sie durch ihre oft internationalen Beziehungen über die entsprechenden Kontakte verfügten. Dennoch lebten die jüdischen Hoffaktoren stets in der Abhängigkeit vom Wohlwollen des Fürsten.

Isaak Nathan war nicht der erste Hoffaktor aus Schwabach. Als „Stammvater“ dieser Hoffaktorenfamilie konnte man Nathan Simeon an Ben Mosche ansehen, dem 1695 schon das ausgebaute große Fachwerkhaus am Pinzenberg Nr. 1 gehörte und in dem er mit seiner Familie wohnte. In der Schwabacher Häusergeschichte wurde er als Nathan Moyses verzeichnet. Als Gemeindevorsteher spendete er mehr als die nach dem religiösem Gebot der Zedaka (dt. Wohltätigkeit) verlangten zehn Prozent seines Jahreseinkommens für religiöse und fromme Zwecke. Beispielsweise beteiligte er sich finanziell an der Ummauerung des jüdischen Friedhofs in Georgensgmünd.

Glockengießergasse 3

Glockegießergasse 3, das Haus der Familie Nathan. (Foto: Ursula Kaiser-Biburger)

Daran hielt sich auch Isaak Ben Nathan, der ab 1730 Kammerfaktor und „Resident“ (ein Titel höchster Wertschätzung) am Hof von Markgraf Carl Wilhelm Friedrich sowie auch für andere Fürsten tätig war. Allerdings fiel er 1740 in Ungnade, denn er hatte ein Verhältnis mit der 16-jährigen Mätresse des 28-jährigen Fürsten. Sie war die Tochter des Hofmalers Johann Carl Zierl. Dies wurde offenbar, als der Landesherr im September 1740 an Syphilis erkrankte und wochenlang danieder lag. Da nicht geklärt werden konnte, wer den Fürst angesteckt hatte, wurden sowohl Isaak Nathan als auch das Mädchen auf der Wülzburg in Weißenburg verhört und dort inhaftiert, wo das inzwischen erkrankte Mädchen 1742 starb. Isaak Nathan überlebte und wurde 1750 nach Schwabach „entlassen“, wo er 1753 verstarb. Seine Beisetzung fand auf dem jüdischen Friedhof in Georgensgmünd statt.

Die Familie Nathans konnte einige Jahre später wieder die Gunst des Markgrafen gewinnen: 1746 wurde Meyer Schwab, ein Schwiegersohn Isaak Nathans Hofjuwelier, der viele Vorrechte seines Schwiegervaters wieder zurückerhielt. Ein anderer Schwiegersohn mit Namen Dessau, wurde im gleichen Jahr Hofjude und bekam fast das gesamte eingezogene Vermögen seines Schwiegervaters im Wert von 89.000 Gulden zurückerstattet.

Tatsächlich war es im 18. Jahrhundert so, dass es den jüdischen Gemeinden der Hoffaktoren und sogar den Juden insgesamt im Markgraftum gut ging, wenn der Hoffaktor seine Arbeit zum Vorteil des Fürsten erledigte. Im anderen Fall aber, zeigte sich die fürstliche Macht ebenso. Das belegte ein Beispiel, das Isaak Nathan widerfahren war, als er wegen christenfeindlichen Schriften aus den eigenen Reihen denunziert wurde. Ihm passierte nichts, aber dafür erlebte die gesamte jüdische Gemeinde in Schwabach eine komplette markgräfliche Durchsuchung und Beschlagnahmung von Schriften.

Literatur:

Informationen vom Jüdischen Museum Franken in Schwabach vom 12.05.2015

https://schloesserblog.bayern.de/geheimnisse/juedisches-leben-in-ansbach „Jüdisches Leben in Ansbach“ von Bayerische Schlösserverwaltung vom 3. Sept. 2021 (abgerufen 02.10.2021)

Dehm, Karl und Heckel, Gottlob: Häusergeschichte der Altstadt Schwabach; Schwabach 1967