An der Nördlichen Ringstraße Nr. 5 wurde im Winter 1891/92 die neue Talmud-Tora-Schule für 18.000 Reichsmark gebaut, deren erste Pläne bereits im Jahre 1883 vom Baumeister Johann Carl entworfen worden waren. In zwei Geschossen waren in dem einfachen Haus, das mittlerweile eine veränderte Fassade hat, Unterrichts- und Schlafräume sowie eine Lehrerwohnung untergebracht.
Bauplan mit Ostansicht der Talmud-Tora-Schule gefertigt 1893 von Johann Carl. (Stadtarchiv Schwabach IV.2.386) |
Aus verschiedenen Teilen Deutschlands besuchten Schüler den Unterricht an dieser Schule. Ausbildung, Unterkunft und Verpflegung waren kostenlos. Die Schule finanzierte sich größtenteils aus Spenden. Der Unterricht diente vor allem der Verwurzelung der orthodoxen Glaubenstradition. Insbesondere war es eine Ehre für diese Einrichtung, wenn die Schüler anschließend erfolgreich an den israelitischen Lehrerseminaren in Würzburg oder in Köln angenommen wurden. Darauf zielte die gesamte Ausbildung mit ihrem Unterrichtsinhalt ab.
Das Schuljahr begann mit dem Laubhüttenfest (Sukkot), also meistens im Oktober und endete im September. Im März/April gab es vier Wochen Ferien ebenso im September/Oktober.
Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es an anderer Stelle, die nicht mehr bestimmt werden kann, eine Art Präparandenschule, die in einem alten, gemieteten Haus von Rabbiner Abraham Wechsler für auswärtige Schüler eingerichtet wurde. Vornehmlich, aber nicht ausschließlich, sollten hier Kandidaten für die spätere Ausbildung zum Rabbiner oder zum Besuch der israelitischen Lehrerbildungsanstalt herangezogen werden. 1846 hieß es dazu: „10 hoffnungsvolle Talmidim … bald … tüchtige Kämpfer für die heil. Interessen der Orthodoxie ...“. Allerdings blieb die Schule nach Wechslers Tod 1850 verwaist. Erst 1875 erfolgte eine Wiedereröffnung der Schule durch das Engagement der Rabbiner Löb Wissman und Hyle Wechsler mit dem Ziel, dass die Tora zusammen mit dem weltlichen Wissen in Deutsch, Arithmetik, Naturkunde und Zeichnen von einem eigenen, geprüften Lehrer vermittelt wird. Nachdem der Lehrer für diese weltlichen Fächer im März 1878 Schwabach verlassen hatte, wurden sie an den hiesigen Schulen wie am damaligen Progymnasium, dem heutigen Adam-Kraft-Gymnasium, und der Lehrerbildungsanstalt unterrichtet.
Grundriss 1. Obergeschoss der Talmud-Tora-Schule mit Lehrerwohnung, Küche, Klavier- und Lehrerzimmer sowie einem Zimmer für zwei Internatsschüler. Nach Planung konnten 12 Schüler untergebracht werden. (Stadtarchiv Schwabach IV.2.386) |
Als 1903 Rabbiner Dr. Salomon Ma(n)nes die Schulleitung übernahm, gab er der Schule einen neuen Namen: Das „Talmud-Tora-Institut“. Insbesondere durch die auswärtigen Schüler erlebte diese Internatseinrichtung einen kurzen, aber bedeutsamen Aufschwung. So stieg die Schülerzahl auf 29 bis 1907 an. Der Erste Weltkrieg unterbrach diese Entwicklung. Wegen fehlender finanzieller Mittel musste das Institut 1921 aufgelöst werden und es erfolgte die Übersiedlung des Pensionats nach Nürnberg.
Literatur:
Berger-Dittscheid, Cornelia: Schwabach. Lernmaterial für Fortbildung des JMF. Manuskript 2009.
Kuhn, Peter: Jüdischer Friedhof Georgensgmünd; München, Berlin 2006. S. 33.
Seiderer, Georg: Rabbinat und Rabbinatsdistrikt Schwabach 1850 bis 1914; in „Der Rabbinatsbezirk Schwabach“, Ansbach 2009. S. 90ff.
Schöler, Eugen (Hsg.): Historisches Stadtlexikon; Schwabach 2008.